[Uni | Geschichte] [Lehrveranstaltungen vergangener Semester - Anton Tantner]

 

Ordnungstechniken in der Geschichte der Neuzeit
Seminar

Anton Tantner
 
(WS 2012/13, 2-stündig; 070107)

Beginn: Fr, 5.10.2012, 15.00-16.30
Ort: Seminarraum Geschichte 1, Universität Wien, Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 10

Anmeldung über UNIVIS 10.9.2012 6:00 - 23.9.2012 23:59 Uhr

Eintrag im Vorlesungsverzeichnis

 

Kurzbeschreibung der Lehrveranstaltung:

Das Problem, wie Menschen, ihr Wissen, ihre Besitztümer, aber auch Tiere und Pflanzen zu ordnen sind, beschäftigt in der Neuzeit Gelehrte wie Verwaltung, sollen doch über die geordneten Subjekte und Objekte Erkenntnisse gewonnen werden, sollen sie nützlich und regierbar gemacht werden. Zu den Techniken, die dabei angewandt werden, zählen u. a. die Nummerierung, die Benennung, die alphabetische Anordnung, die Einordnung in eine Klassifikation, die Verwendung von Fragebögen, Listen, Tabellen, Protokollbüchern und Karteikarten, weiters kartographische Darstellungsformen. Rund um das Problem der Ordnung entstehen Utopien, Campanellas "Sonnenstaat" etwa oder Bacons "Haus Salomos", es werden eigene Organisationen wie Bibliotheken, Museen, Polizei, Registraturen und Normungsinstitute geschaffen. Und es gibt selbstverständlich die Monster und Störfälle, die sich den Ordnungstechniken entziehen und den ordnenden Subjekten wie Institutionen einiges an Kopfzerbrechen bereiten. - In dem Seminar sollen die Studierenden aus diesem vorgestellten Gegenstandsbereich selbständig ein Thema wählen, dazu recherchieren und ihre Ergebnisse mündlich wie schriftlich präsentieren.

Methoden: Das Seminar kombiniert Präsenzeinheiten in der Gruppe, persönliches Mentoring und ELearning. Ab dem Ende der Einführungsphase sollen die Studierenden im Rahmen der ELearning-Plattform Moodle ein Forschungsjournal führen, in dem sie die Fortschritte ihrer Erkenntnisse präsentieren; in der daran anschließenden Mentoringphase werden in persönlichen Beratungsgesprächen Probleme der Arbeit besprochen und zu Beginn der zweiten Halbzeit des Semesters ist in einem in die E-Learningsplattform integrierten Wiki eine Bibliographie zu erstellen, die darauf zusammen mit einem Zwischenbericht in der Gesamtgruppe präsentiert wird. Am Schluss des Semesters wird in Form von Referaten die Seminararbeit präsentiert, die jeweils von einem/r Studierenden zu kommentieren sind. Im Seminar wird viel Augenmerk auf die kritische Einschätzung digitaler Angebote gelegt, weswegen verpflichtender Teil der Abschlussarbeit auch eine Bewertung derjenigen Informationen ist, die die Wikipedia zu dem selbstgewählten Thema zur Verfügung stellt.

Art der Leistungskontrolle: Die Lehrveranstaltung ist prüfungsimmanent. Grundlage für ein Zeugnis und die Beurteilung ist die Anwesenheit und aktive Mitarbeit, die Führung eines Forschungsjournals, Erstellung einer Bibliographie, eine mündliche Präsentation mit Handout sowie die Seminararbeit.

Anforderungen an die Seminararbeit: Umfang: insgesamt ca. 65.000 Zeichen inkl. Leerzeichen, Fußnoten und Literaturliste, einheitliche Zitierregeln; 10-15.000 Zeichen der Seminarbeit sollen eine Bewertung der online - insbesondere in der Wikipedia - verfügbaren Informationen sein.

Termine:

Ort, wenn nicht anders angegeben: Seminarraum Geschichte 1, Universität Wien, Hauptgebäude, 1.Stock, Stiege 10

1. Termin 5.10.2012: Präsentation der Ziele des Seminars und Anforderungen zu dessen Absolvierung; Vorstellrunde

2. Termin 12.10.2012, Treffpunkt 15 Uhr Ballhausplatz 2, vor dem Bundeskanzleramt: Hausnummernexkursion durch die Wiener Innenstadt

3. Termin 19.10.2012: Themenvergabe; Diskussion eines ausgewählten Kurztexts zum Thema Weltfremdheit und Wissenschaft (Vec)

Ende Oktober: Start des Forschungsjournals

November: Mentoringphase

Dezember

4./5. Termin 7./14.12.2012: Präsentation der Bibliographie/Zwischenbericht

Jänner

6./7. Termin (Blocktermin) 25./26.1.2013, jeweils 10-17 Uhr: Präsentationen, Abschlussrunde, Feedback

Themenbereiche und Beispiele für mögliche Themen:

  • Benennung (zB: Personennamen, Hausnamen)
  • Nummerierung (zB: Einführung der straßenweisen Hausnummern ["Orientierungsnummern"] in Wien 1862/63; Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen; "Numerus currens" in Bibliotheken)
  • Alphabetisches Sortieren
  • Klassifikation (zB: Carl von Linnés System; Dezimalklassifikation von Melvyl Dewey)
  • Standardisierung (zB: Vereinheitlichung von Maßen & Gewichten; Zeitzonen; Standards für Waffen ["08/15"]; Deutsches Institut für Normung [DIN]; Container)
  • Begradigung (zB: Flussregulierungen, Stadtassanierungen)
  • "Papiermaschinen" (zB: Fragebögen, Karteikarten, Listen, Tabellen, Raster)
  • Aufbewahrungsorte und Präsentation (zB: Lexika und Enzyklopädien, Schränke)
  • Institutionen (zB: Bibliotheken, Archive, Museen, Polizeiliche Identifizierung/Meldewesen)
  • Ordnungsutopien
  • Monster und Störfälle

Sie können selbstverständlich auch ein Seminarthema auswählen, dass hier nicht aufgelistet ist!

Auswahl aus der Literatur:

  • Burke, Peter: Papier und Marktgeschrei. Die Geburt der Wissensgesellschaft. Berlin: Wagenbach, 2001. (insbes. Kap. V: Wissen klassifizieren, Kap. VI: Wissen kontrollieren)
  • Farge, Arlette: Das brüchige Leben. Verführung und Aufruhr im Paris des 18. Jahrhunderts. Berlin (BRD): Wagenbach, 1989. (Kap. Vor der Werkstattür)
  • Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge. Eine Archäologie der Humanwissenschaften. Frankfurt am Main: Suhrkamp stw 96, 21. Aufl., 2009.
  • Krajewski, Markus: ZettelWirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geiste der Bibliothek. (=Copyrights; 4). Berlin: Kadmos, 2002.
  • Küster, Marc W.: Geordnetes Weltbild. Die Tradition des alphabetischen Sortierens von der Keilschrift bis zur EDV. Eine Kulturgeschichte. Tübingen: Niemeyer, 2006.
  • Siegert, Bernhard: Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika. München: Fink, 2006. Online: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00064552-7
  • Tantner, Anton: Ordnung der Häuser, Beschreibung der Seelen. Hausnummerierung und Seelenkonskription in der Habsburgermonarchie. (=Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit; 4). Innsbruck/Wien/Bozen: Studienverlag, 2007. Online: http://othes.univie.ac.at/28/

Eine umfangreichere Literaturliste wird im Laufe des Septembers über Moodle zur Verfügung gestellt.


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